Es gibt verschiedene Taktiken die Junghundbesitzer anwenden um ihren Hund zu korrigieren, wenn dieser auf den Rückruf beim Spaziergang nicht hört.
Ich gehe davon aus, dass euer Hund den Rückruf bereits als Welpe gelernt hat, so wie Ronja auch und prinzipiell Kommando und Sichtzeichen des Befehls beherrscht, nur in einer Phase ist, in der sie manchmal meint, es gäbe "Wichtigeres".
Prävention:
Vorausschauend spazieren gehen, wenn z. B. ein anderer Hund auftaucht und man weiß, dass der eigene sofort los stürzen würde, den Hund zurück rufen, bevor der andere Hund wahrgenommen wird. So kann der Hund lernen, dass wir gemeinsam zum anderen Hund gehen.
Die Schleppleine:
Einige Besitzer lassen ihren Junghund bei unzuverlässigem Rückruf gar nicht mehr von der Leine und benutzen Schleppleinen, um stetige Kontrolle über den Hund zu behalten.
Einerseits muss man sich darüber im klaren sein, dass junge Hunde "eben auch mal nicht gut hören", andererseits muss man sich an gefährlichen Orten (z. B. Parks direkt an der Straße) darauf verlassen können, dass sie hören. Wir versuchen immer abzuwägen, ob der Sicherheitsvorteil den Vorteilen des Freilaufs überwiegt, bevor wir Ronja nicht mehr freilaufen lassen. An bestimmten Tagen ist einem jungen Hund einfach nicht mehr zu trauen, wenn ein Kommando mehrfach ignoriert wurde, müssen Konsequenzen gezogen werden. Wir starten dennoch jeden Tag mit dem Vorsatz Freilauf zu ermöglichen, so dass es viele Tage gibt, an denen der Rückruf optimal funktioniert (zum Risiko: Ronja ist aber auch kein Jagdhund und hat keinen ausgeprägten Jagdtrieb, sie würde nicht Kilometerweit weg rennen).
Immerhin muss man dabei bedenken: Nur ein Hund, der frei üben darf – kann lernen besser zu hören! Und auch nur der kann seinen Gehorsam beweisen. Ein Hund weiß nämlich auch genau, wann er an der Leine ist (egal ob 2 Meter, 5 oder 20 Meter) und wann er nicht angeleint ist. Zum Üben ist die Schleppleine daher zwar geeignet, jedoch kein Garant dafür, dass es ohne Leine genauso gut klappt.
Neben vielen Spielen, die an der Schleppleine gespielt werden können, ist die grundsätzliche Vorgehensweise so: Den Hund zurück rufen und beim Kommen loben (z. B. Leckerli), kommt er nicht, soll der Hund zurückgezogen werden und dann trotzdem gelobt werden → denn zum Besitzer zu kommen ist immer großartig!
Interessant bleiben - die Superbelohnung
Ablenkung sorgt dafür, dass andere Dinge interessanter und wichtiger sind als wir. Dinge, die unseren Hund vom zurück kommen ablenken können, auch als Belohnung eingesetzt werden. Neben Leckerchen (findet Ronja inzwischen eher langweilig) können auch Spielzeuge eingesetzt werden. Beispielsweise kann die Belohnung auch ein Zerrspiel sein, oder der Lieblingsball wird geworfen.
Belohnung kann auch sein, den Hund verbal zu loben, zu streicheln, mit ihm zu rennen...
Denn: wenn der Hund hört, sollte die Resonanz immer positiv sein.
Bei Ronja ist es auch gut, sie während des Spaziergangs gut zu beschäftigen, z. B. durch generelles Spielen, denn wenn ihr nicht langweilig ist, hat sie weniger Unsinn im Kopf.
Konsequenzen
Was aber tun wenn der Hund im Freilauf ist und einfach losrennt, um einen anderen Hund zu begrüßen oder einem anderen Tier nachzujagen?
Wie schon oben angeschnitten, wir haben keinen Jagdhund, Ronja rennt, wenn überhaupt eher spielerisch hinterher und gibt freiwillig früh auf, für Hunde mit ausgeprägtem Jagdtrieb ist es an dieser Stelle sicher schon zu spät für unser Vorgehen und daher ist es wohl eher ungeeignet.
Aber ich hole Ronja einfach ab, ohne sie dabei zu jagen, lasse mich also nicht in Spiele verwickeln, sondern führe sie konsequent zurück an den Ort, an dem ich gerufen habe. Dort lasse ich sie dann "Sitz" machen und einen kleinen Moment warten – lobe dann und gehe dann gemeinsam mit ihr zum Objekt der Begierde (bei uns i. d. R. ein anderer Hund).
Die Methode solltet ihr jedoch nicht anwenden, wenn der Hund vor euch wegläuft, versucht euch "abzuhängen" und "fangen zu spielen". Probiert dann doch lieber "Selber weglaufen".
Selber weglaufen
Bekannter Trick aus dem Fernsehen, kommt der Hund nicht zurück, kann man selber in die entgegengesetzte Richtung wegrennen. Der Hund wird sich dann seinem Herrchen oder Frauchen anschließen. Bei beengten Parks z.B. dem Hundepark am Schäfersee funktioniert der Trick allerdings nicht – der Platz ist einfach zu klein. Also: eingeschränkt zu empfehlen für Hunde, die eigentlich einen kleinen Radius ums Herrchen oder Frauchen schätzen.
Vorhin erst auf endloser brandenburgischen Flur angewandt...
Überzeugungskraft
Manchmal reicht es auch – wir haben einen sehr dickfälligen aber klugen Hund – in exorbitanter Lautstärke zu schreien. Die Lautstärke und dazu gehörige Wut kann ich aber nur in brenzligen Situationen aufbringen. Beispielsweise waren wir mal auf einem Feld und Ronja sah in weiterer Entfernung auf der Gegenüberliegenden Straßenseite einen Hund und rannte los. Die Geräusche, die ich da von mir gegeben habe, müssen doch "beeindruckend genug" gewesen sein, um umzukehren. Ich denke aber auch, würde ich das immer machen, würde sie da auch einfach abstumpfen.. ;)
So weiß sie halt, wenns brennt.
Übung – Rückruf mit Ablenkung
Wenn auf der Wiese und im Wald nichts los ist, funktioniert der Rückruf ja bei vielen recht gut, wenn gerade kein Häschen zum loswetzen einlädt und wenn keine frischen Duftspuren erschnüffelt wurden, herrscht ja auch beim Hund Langeweile. Da bequemt man sich, auch auf vier Pfoten, gern mal zu Herrchen und Frauchen.
Spielt gerade jemand anders Ball mit seinem Hund, ist überhaupt anwesend, fliegen Vögel und Schmetterlinge herum, steht der Besitzer mit dem "ausgelutschten" Leckerlibeutel eher uninteressant in der Gegend herum und ruft vergeblich.
Einerseits ist das eine Frage des Timings, die Unterbrechung muss früh genug erfolgen, bevor der Hund geistig "schon weg" und "körperlich in voller Fahrt" ist. Um so früher man sieht, dass der Hund gleich losrennen möchte, um so früher kann man eingreifen und im Idealfall das wegrennen (z. B. hetzen) direkt unterbinden. Andererseits kann man versuchen, eine größere Frustrationstoleranz beim Hund zu fördern, so dass der Hund auch bei schnellen und wichtig erscheinenden Reizen, Ruhe bewahrt.
Wir spielen mit Ronja dafür Spiele nach der Art des "Wartens":
Ronja setzt sich, wir gehen ein paar Schritte weg sagen "Bereit!" und werfen ihr dann ein Stofftier zu, dass sie fangen darf. Ein anderes Mal lassen wir sie sitzen und warten. Wir werfen das Stofftier und schicken sie dann erst einen Moment später los.
Das klappt schon ganz gut, als nächste Stufe wollen wir den Rückruf durch absichtlich platzierte Ablenkungen üben.
Ignorieren
Ich bin kein riesiger Fan vom Ignorieren, aber wer weiß, vielleicht gibt es da draußen ja einen Hund, für den das genau die richtige Taktik ist?
Da das "zurück holen" auch in ein "fang mich" Spiel ausarten kann und weglaufen z. B. im eigenen Garten auch i. d. R. nicht wirksam sein wird, aufgrund des geringen Platzes ... wer weiß!
Jedenfalls habe ich schon Hundehalter getroffen, die ihren Hund nur auf geschlossenen Flächen freilaufen lassen, damit sie die Möglichkeit haben, Ungehorsam einfach zu ignorieren. Kommt der Hund nicht auf den Rückrufbefehl, machen sie gar nichts mehr. Sie sitzen oder stehen es aus, bis der Hund irgendwann freiwillig zu ihnen kommt. Dann wird gelobt.
Bleibt selbstbewusst
Bleibt einfach dran, testet welche Methode für euch und euren Hund am besten ist, auch Kombinationen sind sinnvoll. So bleibt ihr auch ein bisschen mysteriös für euren Hund und seid nicht zu 100% kalkulierbar... und sicher gibt es noch tausend andere Tipps und Tricks für den perfekten Rückruf.